Laufende Projekte
► zu den abgeschlossenen Projekten
Malte Zierenberg
Bildergesellschaft und Politik. Zur politischen Ökonomie der Pressefotografie in New York, London und Berlin, 1850-1914 ► mehr
Vincent Dold
"Die Revolutionärin". Sozialistische Geschlechterdiskurse zwischen Revolutionserfahrung und Revolutionserwartung, 1848 – 1933 ► mehr
Malte Fischer
"The Voice of the People. Popular Expectations of Democracy in Postwar West Germany" ► mehr
Gil Shohat
London, die Linke und Dekolonisierung in Großbritannien, ca. 1930er-1960er Jahre ► mehr
Felicia Kompio
Revolution der Straße. Frühe urbane Massenpolitisierung in den 1820er und 1830er Jahren als europäisches Phänomen ► mehr
Albrecht Wiesener
Bielefeld und Halle an der Saale. Zwei politische Stadtgeschichten in Nachkriegsdeutschland 1945-1990 ► mehr
Bildergesellschaft und Politik. Zur politischen Ökonomie der Pressefotografie als neuem Medium in New York, London und Berlin, 1850 – 1914
Dr. Malte Zierenberg
Die Arbeit schreibt eine politische Mediengeschichte der urbanen Moderne. Die Herstellung und Verbreitung von Fotografien beförderte die Etablierung einer neuen Form von Politik. Der metropolitane Stadtraum wurde zum Ausgangspunkt für Medienpraktiken, die emanzipatorische „Bewegungen“ mit einem eigenen Politikmodus hervorbrachten und insgesamt einen Wandel des Verhältnisses von Öffentlichkeit und Politik induzierten. Das Buch versteht sich als Beitrag zu einer Vorgeschichte unserer Gegenwart, weil die damit aufgerufenen Koordinaten – urbane Medienpraxis und Politikwandel – in vielerlei Hinsicht auf die sich verändernde Konstellation an der Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert verweisen.
„Die Revolutionärin“. Sozialistische Geschlechterdiskurse zwischen Revolutionserfahrung und Revolutionserwartung, 1848 – 1933
Vincent Dold M.A.
Im Laufe des ‚langen 19. Jahrhunderts‘ wurde Revolution, insbesondere in Verarbeitung der Französischen Revolution 1789-1793, zu einem eigenständigen, benennbaren und identifizierbaren Ereignistyp. Mit der Annahme, dass Revolutionen gemacht werden können, entstanden auch neue Handlungstypen: Revolutionäre. Diese wurden historisch (und historiographisch) vorrangig männlich rezipiert und imaginiert. Das vorliegende Dissertationsprojekt fragt daher danach, wie weibliche Akteurinnen der deutschen revolutionären Bewegungen dargestellt wurden. Kurz gesagt: Gab es, und wenn ja ab wann und unter welchen Bedingungen, die Revolutionärin? Wie wurden Frauen als revolutionäre Subjekte denk- und sagbar? Welche Praxen wurden dafür zentral, und welche verschwanden?
Auf innerlinke Selbst- und Fremdbeschreibungen gestützt, verortet dieses Promotionsprojekt die Entwicklung der 'Revolutionärin' innerhalb mehrerer Spannungsfelder: der Verschränkung von Geschlechter- und Revolutionsdiskursen, dem Verhältnis von organisierten Frauenbewegungen und Arbeiterparteien, dem Wandel von Protestformen zwischen Unterschichtenprotesten und Parteiarbeit. Als Arbeitshypothese werden für den Zeitraum von den 1840ern bis in die 1920er Jahre "republikanische", "klassenkämpferische" und "kommunistische" Idealtypen angelegt. Die Forschungsperspektive lässt sich u.a. von zwei bisher vernachlässigten Aspekten inspirieren: der Bedeutung des mimetischen Charakters von Revolutionen für das Geschlecht revolutionärer Skripte und der teils konstitutiven Rolle zeitgenössischer Referenzen durch ausländische revolutionäre Bewegungen oder konkurrierende bürgerliche Bewegungen.
The Voice of the People. Popular Expectations of Democracy in Postwar West Germany
Malte Fischer
My dissertation explores the place of “ordinary” citizens in postwar democracy, their perceptions and expectations of the political system, and their representation within it. It argues that the way citizens perceived themselves as democratic actors, the way they talked about and with politics and the evaluation of their role in democracy changed between the 1950s and 1970s in a manner that is both unprecedented and time specific: The voice of “ordinary” people, it hypothesizes, took a central place in postwar West Germany’s political culture from the late 1950s onwards. This valorization of vernacular voices was made possible by a new style of media reporting – not least in radio and television – that was carried out at a critical distance from the state, accompanied by the self-understanding as an institution of political control, and the development of discursive coverage formats based on the plurality and negotiation of opinions. At the same time, citizens began to position themselves more confidently and openly as relevant political voices in the public sphere. The dissertation is part of an international research team based at Radboud University Nijmegen, NL. To find out more about the project, please visit https://www.thevoice-of-thepeople.org/
London, die Linke und Dekolonisierung in Großbritannien, ca. 1930er-1960er Jahre
Gil Shohat
Beim Auseinanderbrechen des britischen Empire handelte es sich um einen vielschichtigen Prozess, welcher sich nicht nur in den Sphären der „großen Politik“ in Großbritannien und den Kolonien abspielte. Die Entwicklungen der Dekolonisierung, die sich vor allem nach dem Ende des zweiten Weltkrieges verstärkten, wurden auch in den intellektuellen Zirkeln und Universitäten der „Metropole“ diskutiert, verhandelt und infrage gestellt.
Vor allem nach dem Ende des Ersten Weltkriegs waren London sowie mit Abstrichen Oxford, Cambridge und Manchester Zentren des (radikal) linken sowie antikolonialen Aktivismus, da sie Anlaufstellen sowohl für britische linke Studierende als auch für eine ganze Reihe junger Menschen aus den Kolonien waren. Einige von ihnen wurden später zu Führungsfiguren in den Unabhängigkeitsbewegungen, so zum Beispiel die ersten Präsidenten des unabhängigen Ghana und Kenya, Kwame Nkrumah und Jomo Kenyatta. Über welche Netzwerke und Beziehungen kamen Akteure in der britischen Linken mit antikolonialen AktivistInnen in Kontakt? Wie entwickelten sich Positionen innerhalb der britischen Linken in Reaktion zu diesen Interaktionen? Ergaben sich aus diesen Netzwerken politische Verbindungen die über die formelle Dekolonisation des Empires hinaus reichten? Diese und weitere Fragen sollen im Zentrum des Dissertationsprojekts stehen.
Die Orte der Interaktion sowohl innerhalb als auch zwischen diesen beiden Milieus, z.B. Cafés, Kneipen, Parteizentralen oder Wohnungen der Beteiligten, waren dabei Räume der Kommunikation und Debatte und sollen im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen, während der zeitliche Fokus von der späten Zwischenkriegszeit bis zum Höhepunkt der formellen Dekolonisation des Empire in den 1960er Jahren reichen soll.
Die Verbindungen zwischen britischen (radikalen) Linken und antikolonialen Intellektuellen wurden, da die Akteure aus beiden Milieus als gefährlich für die innere Sicherheit wahrgenommen wurden, akribisch unter anderem vom britischen Geheimdienst MI5 observiert. Neben „internen“ Dokumenten wie Autobiographien der beteiligten Akteure sowie Pamphlete, Zeitschriftenartikel oder Sitzungsprotokollen einzelner linker Gruppierungen und Strömungen bilden diese in den letzten Jahren stetig freigegebenen Geheimdienstdokumente eine gute Grundlage, um den Verflechtungen und Netzwerken zwischen britischen Linken und Intellektuellen aus den Kolonien nachzuspüren und einen Blick auf den Alltag dieser Akteure in der „Metropole“ des untergehenden Empire zu gewinnen.
Revolution der Straße. Frühe urbane Massenpolitisierung in den 1820er und 1830er Jahren als europäisches Phänomen
Felicia Kompio
Die europäischen Gesellschaften des frühen 19. Jahrhunderts waren in Bewegung. Sowohl die sozio-ökonomische, als auch die politische Ordnung wurden von Revolutionären und Reformern infrage gestellt. Neben den politischen Ideen, die mit der Französischen Revolution ihre Machbarkeit gezeigt hatten und in ganz Europa intensiv diskutiert wurden, waren es gerade auch neue Praktiken und Formen der politischen Partizipation, die die Menschen ausprobierten, lernten und entwickelten. Da sich gleichzeitig der Akteurskreis erweiterte bzw. sich sein Zuschnitt veränderte, haben wir es mit einer Zeit zu tun, in der politische Praktiken offen für Interpretation waren und sich erst herausbildete, was Manfred Gailus für die europäischen Revolutionen 1848/49 als “Straßenpolitik” bezeichnet hat. Das Projekt fragt nach diesen neuen Formen der Partizipation im frühen 19. Jahrhundert und untersucht sie vor dem Hintergrund der Erfahrung von 1789 und der Straßenpolitik von 1848 als Inkubationsphase politischer Praktiken in europäischen Städten an den drei Beispielen Bristol, Brüssel und Leipzig.
Bielefeld und Halle an der Saale. Zwei politische Stadtgeschichten in Nachkriegsdeutschland 1945-1990
Albrecht Wiesener
Das Thema des Forschungsprojektes ist die Frage nach dem Stellenwert von Stadtentwicklungen für den Wandel der städtischen Öffentlichkeiten und das Selbstverständnis der politischen und sozialen Eliten in Deutschland nach 1945. In einen offen gehaltenen Vergleich werden die lokalpolitischen Kommunikations- und Handlungszusammenhänge in den beiden untersuchten Städten Bielefeld und Halle/Saale rekonstruiert und der zeitliche Wandel der kommunalen Stadtentwicklungspolitik näher bestimmt.
Neubau, Rekonstruktion und Umbau der vorhandenen Stadt waren in der Bundesrepublik wie in der DDR zentrale Handlungs- und Kommunikationsfelder von Kommunalpolitikern, Stadtverwaltungen, Experten und Bewohnern. Die unterschiedlichen Phasen der Stadtentwicklung und der Wandel städtebaulicher Leitbilder in Deutschland nach 1945 werden im Projekt im Hinblick auf die mit ihnen verbundenen Konsens- und Konfliktpotentiale im lokalen Raum untersucht. Dabei geht das Forschungsprojekt von der These aus, daß die Arenen städtischer Öffentlichkeiten in beiden deutschen Gesellschaften nach 1945 von vielfältigen Bestrebungen gekennzeichnet waren, einen Konsens zwischen dem Selbstverständnis der politischen und sozialen Eliten und den Erwartungshaltungen der Stadtbewohner zumindest in symbolischer Hinsicht zu verdeutlichen. So repräsentierte sich in der baulich-materiellen Gestaltung des Stadtraums und den dadurch hervorgerufenen Veränderungen der städtischen Lebenswelten stets auch das jeweilige „Bild von Gesellschaft“[1]. Dieses stand in seinen Ansprüchen, Verheißungen und Zumutungen zur Disposition und ließ den veränderlichen Stadtraum zum Bedeutungsträger politischer und sozialer Erwartungshaltungen werden. Unter Berücksichtigung der systemspezifischen Bedingungen für die Ausprägung städtischer Öffentlichkeiten in der Bundesrepublik und in der DDR, die über die Publizität der jeweiligen lokalen Meinungsbildungen zu Fragen der Stadtentwicklung vorentschieden, soll diese These anhand von Fallstudien zu einzelnen Stadtentwicklungsprojekten in Bielefeld und Halle/Saale überprüft werden.
[1] Vgl. zum ‚Bild der Gesellschaft’ im Stadtraum: Paul-Henri Chombart de Lauwe: Aneignung, Eigentum, Enteignung. Sozialpsychologie der Raumaneignung und Prozesse gesellschaftlicher Veränderung. In: Arch+ 34/1977, S. 2—6.