Promotionsvorhaben
Frieden im Krieg? Ein Diskurs im klassischen Athen
„Denn was die meisten Menschen Frieden nennen, das sei ein bloßes Wort …“ (Plat. nom. 626a)
Weil Friedens- und Konfliktforschung unterschiedlichste wissenschaftliche wie auch gesellschaftliche Teilgebiete berührt, hat sich mein Dissertationsprojekt zur Aufgabe gemacht, Blickpunkte auf Krieg und Frieden von verschiedenen Seiten anzugehen. Es versucht anhand einer multiperspektivischen Darstellung kulturellen sowie historischen Wandel – die Dynamik des Krieges – systematisierbar, erzählbar und sichtbar zu machen. Denn obwohl die Moderne nur wenig über Häufigkeit, Ursachen, Motive und die Rolle des Krieges in der Antike auszusagen vermag, hält sich die Charakterisierung des klassischen Athens als Gesellschaft, die Krieg als Normalzustand erachtet – nicht nur in der althistorischen Forschung – hartnäckig. Hat der Frieden (Aristoph. pax.) überhaupt Platz in der nach WEBER typisierten Kriegerzunft (MWGI/22§5) oder bleibt er lediglich Teil phantastischer Utopie?
Dieser Fragestellung wie dem Verhältnis von Krieg und Frieden im klassischen Athen soll sich das Promotionsprojekt widmen. Anhand ausgewählter Paradigmen des antiken Schriftenkanons wird der häufig die realen Verhältnisse konterkarierende Diskurs nachgezeichnet, im Abgleich mit den realhistorischen Gegebenheiten die Divergenz von gesellschaftskulturellem Diskurs und politischer Akteursebene untersucht. Die kohärente Frage nach der Wahrnehmung von Konflikten auf unterschiedlichen sozialen Ebenen und die daraus resultierenden oder ausbleibenden Implikationen auf die realpolitischen Verhältnisse des klassischen Athens reagiert dabei nicht nur auf ein althistorisches Forschungsdesiderat. Zudem reflektiert das Projekt die Antike auch als Identifikationsobjekt und nimmt ausgehend Gegenwartsfragen – insbesondere dem Theorem des gerechten Krieges angesichts der Verhältnisse derzeitiger Konflikte – die Bedeutung der griechischen Denker für Debatten der Gegenwart in den Blick.
Betreuer: Prof. Kai Brodersen / Prof. Claudia Tiersch