Lehre im Wintersemester 2015/16
Ich biete eine Vorlesung, eine Übung, ein Forschungsseminar, ein Masterseminar und (zusammen mit Claudia Tiersch) ein Colloquium an. Details und wichtige organisatorische Hinweise finden sie durch Anklicken der Veranstaltung in der nachstehenden Liste:
- 51103 Vorlesung Geschichte der Späten Römischen Republik von den Gracchen bis Caesar
- 51108 Übung Moderne und vormoderne Gesellschaften aus der Sicht der Systemtheorie
- 51117 Forschungsseminar Althistorische Forschungspraxis
- 51118 Masterseminar Caesar
- 51119 Forschungscolloquium Aktuelle Forschungsprobleme der Alten Geschichte
Geschichte der Späten Römischen Republik von den Gracchen bis Caesar
Dienstags 16-18 Uhr
FRS 191, 5009
Der Untergang der Republik und die Entstehung einer Monarchie gelten seit Montesquieu als zentrales Forschungsproblem der römischen Geschichte. Je nach Fragestellung und Perspektive wurde der ablaufende historische Prozess als "Revolution" (Mommsen, Heuß), als "Verrechtlichung" der politischen Ordnung (Bleicken) oder als "Krise ohne Alternative" (Chr. Meier) gedeutet, das Kaisertum entsprechend als "Dyarchie", "revolutionäre Struktur", "Rechtsordnung" oder "Lösung der Krise" konzeptualisiert. Die Vorlesung geht aus von den Systemstrukturen der klassischen Zeit, wobei das Hautaugemerk der außergewöhnlichen strukturellen Kopplung von gesellschaftlicher Stratifikation und politischer Organisation gilt, behandelt die Grundzüge der in gewaltsamen Bürgerkriegen endenden politischen Ereignisgeschichte von 133 (Volkstribunat des Tiberius Gracchus) bis 44 v. Chr. (Ermordung Caesars) und fragt nach Konstanz und Wandel struktureller Bedingungen im Rahmen der „autonom-prozessualen Veränderungen“ (Chr. Meier) der späten Republik. Es soll die These vertreten werden, dass die römische res publica keine „Republik“ war, sondern eine Form gesellschaftlicher Differenzierung, die in dem zu behandelnden Zeitraum involutiven Veränderungen unterlag und die in ihren Grundstrukturen unter der Herrschaft der Cäsaren fortbestand.
Literatur:
Allgemein: Meyer, Ernst, Römischer Staat und Staatsgedanke, 4. Aufl., Zürich, München 1975; Heuß, Alfred, Römische Geschichte, 6. Aufl., Paderborn u.a. 1998; Bleicken, Jochen, Geschichte der römischen Republik, 4. Aufl., München, Wien 1992; Gelzer, Matthias, Die Nobilität der römischen Republik [1912], in: ders., Die Nobilität der römischen Republik. Die Nobilität der Kaiserzeit, neu hg. von Jürgen von Ungern-Sternberg, 2. Aufl., Stuttgart 1983; Alföldy, Géza, Römische Sozialgeschichte, 4. Aufl., Stuttgart 2011; Hölkeskamp, Karl-Joachim, Rekonstruktionen einer Republik. Die politische Kultur des antiken Rom und die Forschung der letzten Jahrzehnte, München 2004; Blösel, Wolfgang, Die römische Republik. Forum und Expansion, München 2015. – Speziell: Heuss, Alfred, Der Untergang der römischen Republik und das Problem der Revolution, in: HZ 182, 1956, 1-28; Meier, Christian, Res Publica Amissa. Eine Studie zu Verfassung und Geschichte der späten römischen Republik, 3. Aufl., Frankfurt am Main 1997; Rilinger, Rolf, Die Interpretation des Niedergangs der römischen Republik durch “Revolution” und “Krise ohne Alternative”, in: Archiv für Kulturgeschichte 64, 1982, 279-306; Winterling, Aloys, ‘Krise ohne Alternative’ im Alten Rom, in: Monika Bernett u.a. (Hg.), Christian Meier zur Diskussion. Autorenkolloquium am Zentrum für Interdisziplinäre Forschung der Universität Bielefeld, Stuttgart 2008, 219-239.
51108 Übung
Moderne und vormoderne Gesellschaften aus der Sicht der Systemtheorie
Donnerstags 12-14 Uhr
Dorotheenstr. 24, 1.404
Die Systemtheorie Luhmannscher Prägung kann als die gegenwärtig wohl anspruchvollste und komplexeste Gesellschaftstheorie mit universalem Anspruch gelten. Entsprechend selten wird sie im Bereich der Geschichtswissenschaft zur Kenntnis genommen. Sie verfügt über eine nicht-teleologische Theorie sozio-kultureller Evolution, die der europäischen Geschichte seit der Antike eine besondere Rolle zuweist, thematisiert grundsätzliche Fragen von Zeitlichkeit und Geschichte, hat umfangreiche Studien zu “Gesellschaftsstruktur und Semantik” im frühneuzeitlichen Europa vorgelegt und interpretiert die moderne (Welt-)Gesellschaft in grundsätzlicher Gegenüberstellung zu allen vormodernen Gesellschaften. Diese Übung, die im Rahmen der Alten Geschichte angeboten wird, richtet sich an Studierende der Geschichte, die bereit sind, sich auf komplizierte Texte einzulassen, und – ausgehend von Luhmanns Analysen der modernen Gesellschaft – das Erkenntnispotential der Systemtheorie für vormoderne Gesellschaften, insbesondere für die griechisch-römische Antike auszuloten.
Literaturhinweise:
Niklas Luhmann, Ökologische Kommunikation. Kann die moderne Gesellschaft sich auf ökologische Gefährdungen einstellen? Opladen 1986 [zugleich Einführung in seine Systemtheorie von Luhmann selbst]; ders., Einführung in die Theorie der Gesellschaft, hg. von Dirk Baecker, Heidelberg 2005 [Vorlesungsmitschrift]; ders., Die Gesellschaft der Gesellschaft, 2 Bde., Frankfurt am Main 1997 [Hauptwerk]; ders., Der Fußball, in: ders., Short Cuts, Frankfurt am Main 2000, 88-90 [zuerst: FAZ 4.7.1990]; Oliver Jahraus u.a. (Hg.), Luhmann-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung, Stuttgart, Weimar 2012 [Hintergründe und Erläuterungen der Luhmannschen Theorie mit vollständigem Schriftenverzeichnis].
51117 Forschungsseminar
Althistorische Forschungspraxis
Donnerstags 16-18 Uhr
FRS 191, 5061
Im Seminar werden zum einen grundlegende Probleme der Methode und Theorie (alt-) historischer Forschung gemeinsam diskutiert. In diesem Semester wird die Frage einer sachadäquaten, nicht anachronistischen althistorischen Begrifflichkeit im Vordergrund stehen. Dazu sollen moderne Begriffe, die auf antiken Wortkörpern basieren und zugleich als historische Begriffe zur Beschreibung der Antike benutzt werden (z.B. Politik/politika, Ökonomie/oikonomia, Staat/status [rei publicae], sozial/societas, Familie/familia, privat/privatus), vor dem Hintergrund der damit bezeichneten realhistorischen Phänomene analysiert und dekonstruiert werden. Zum anderen werden die Teilnehmer/innen praktische Fragen und Probleme eigener Abschluss- und Forschungsarbeiten präsentieren und zur Diskussion stellen. Die Veranstaltung richtet sich somit an Doktoranden und Studierende, die sich intensiver mit der griechisch-römischen Antike befasst haben oder befassen wollen und die bereit sind, sich auf komplexere Fragen einzulassen, die bei wissenschaftlicher Selbstbeobachtung in Theorie und Praxis entstehen.
51118 Masterseminar
Caesar
Mittwochs 14-16 Uhr
FRS 191, 4026
Ob als militärisches Genie (veni, vidi, vici), als erfolgreicher Akteur in Liebesaffären (Caesar und Kleopatra), als riskanter politischer Entscheider (Überschreitung des Rubikon), als klassisches Attentats-Opfer (Iden des März) oder als Schüler quälender lateinischer Autor (Gallia est omnis divisa in partes tres ...) – C. Julius Caesar (100-44 v. Chr.) ist im kulturellen Gedächtnis der Gegenwart verankert wie wohl kaum eine andere antike Person. Das macht es nicht unbedingt leicht, aber reizvoll, ihn zum Gegenstand historischer Forschung zu machen. In diesem Masterseminar soll versucht werden, ausgehend von grundsätzlichen methodischen Überlegungen zu den Problemen historischer Biographie, Caesars Leben zu rekonstruieren und sein Handeln vor den Bedingungen seiner Zeit zu interpretieren. Notwendig dazu wird sein: die Analyse der politisch-sozialen Strukturen Roms; die Frage nach der mentalen Infrastruktur der römischen Aristokratie; die Untersuchung der Bedingungen der Krise der römischen Republik; die Frage nach dem Verhältnis von individuellen Verhaltensspielräumen der Akteure und gleichzeitigen “autonom-prozessualen” Veränderungen der Gesellschaft; die Analyse paradoxer Strukturen aristokratischer Kommunikation zur Zeit Caesars.
Einführende Literatur:
Rezeptionsgeschichte: Friedrich Gundolf, Caesar. Geschichte seines Ruhms, Berlin 1925; ders., Caesar im 19. Jahrhundert, Berlin 1926. – Wichtige biographische Arbeiten: Matthias Gelzer, Caesar. Der Politiker und Staatsmann, Stuttgart, Berlin 1921, 6. Aufl. 1960, ND 2008; Hermann Strasburger, Caesar im Urteil seiner Zeitgenossen, 2. Aufl., Darmstadt 1968; Christian Meier, Caesar, Berlin 1982; Martin Jehne, Der Staat des Dictators Caesar, Köln 1987. – Forschungslage: Helga Gesche, Caesar, Darmstadt 1976; Detlef Rasmussen (Hg.), Caesar (Wege der Forschung 43), 3. Aufl., Darmstadt 1980; Ernst Baltrusch (Hg.), Caesar (Neue Wege der Forschung), Darmstadt 2007; Miriam Griffin (Hg.), A Companion to Julius Caesar (Blackwell Companions to the Ancient World), Oxford 2009. – Methodisches: Aloys Winterling, Probleme historischer Biographie am Beispiel des Kaisers Caligula, in: Historische Anthropologie 20, 2012, 186-199.
51119 Forschungskolloquium
Aktuelle Forschungsprobleme der Alten Geschichte (zus. mit Claudia Tiersch)
Mittwochs 18-20 Uhr
FRS 191, 4026
Das Kolloquium bietet ein Forum der Diskussion aktueller Fragen althistorischer Forschung und der Erörterung disziplingeschichtlicher Probleme. Diskussionen von Neuerscheinungen, Vorstellungen von Arbeitsvorhaben und anderes werden sich abwechseln. Das Kolloquium steht allen an althistorischen Fragen Interessierten offen; die Teilnahme auch von Studierenden jüngerer Semester ist ausdrücklich erwünscht. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.