Humboldt-Universität zu Berlin - Deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert mit Schwerpunkt im Nationalsozialismus

Humboldt-Universität zu Berlin | Institut für Geschichtswissenschaften | Deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert mit Schwerpunkt im Nationalsozialismus | Forschung | Laufende Forschungsprojekte | Dissertationsprojekt: Das West-Berliner Strafverfahren gegen die Angehörigen des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) (Malte Beeker)

Dissertationsprojekt: Das West-Berliner Strafverfahren gegen die Angehörigen des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) (Malte Beeker)

Bearbeiter: Malte Beeker

Im Forschungsprojekt wird das West-Berliner Strafverfahren gegen die Angehörigen des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) untersucht. In diesem im Jahre 1963 begonnenen Verfahren ermittelten West-Berliner Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in einer am Kammergericht gebildeten Arbeitsgruppe zusammen mit aus der Bundesrepublik abgestellten Staatsanwälten gegen eine der zentralen NS-Tätergruppen, die „Kerngruppe des Genozids“ (Ulrich Herbert). Es war nicht nur hinsichtlich der Zahl der Beschuldigten und dem Umfang der Ermittlungen das größte deutsche NS-Verfahren, sondern auch in Bezug auf die Tatvorwürfe und Anklagepunkte. Nicht weniger als die „Endlösung der Judenfrage“ sollte vor einem deutschen Gericht verhandelt werden.

Die Beschuldigten, die sogenannten „Schreibtischtäter“, entstammten der Mitte der deutschen Gesellschaft. Damit stellte dieses Verfahren gängige zeitgenössische Vorstellungen von NS-Tätern in Frage und zielte auf die Verbrechensbeteiligung der bürgerlichen Elite. Das Forschungsprojekt geht diesen historischen wie juristischen Bezügen nach, indem gerade die Bilder von NS-Tätern in den Ermittlungen der Staatsanwälte erhellt werden. Es wird zudem gefragt nach den Gründen für den späten Beginn von systematischen Ermittlungen gegen Angehörige dieser für die NS-Gewaltverbrechen so wichtigen Institution, für das hohe Engagement der Ermittler als zentrale Akteure des Verfahrens, nach den viel diskutierten Einflüssen der Strafrechtsreform auf eine „Amnestie der Schreibtischtäter“, nach den Auswirkungen des kontrovers diskutierten Verfahrens auf justizpolitischer Ebene sowie nach seiner öffentlichen und veröffentlichten Rezeption. Im Mittelpunkt des Forschungsprojekt steht das Verfahren gegen das RSHA als Spiegel und Fokus des Umgangs der deutschen Gesellschaft, vor allem der politischen und juristischen Eliten, in den 1960er Jahren mit den nationalsozialistischen Massenverbrechen.

Das Projekt wird gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Betreuer: Prof. Dr. Michael Wildt

Kontakt: malte.beeker@web.de