Dissertationsprojekt: Der Zerfall der Volksgemeinschaft. Justiz und Alltag am Ende der NS-Herrschaft. Exklusion und Inklusion. Die Berliner Wohlfahrts- und Jugendbehörden von 1920 bis 1961 (Oliver Gaida)
Bearbeiter: Oliver Gaida
Die kommunale Ebene ist zwar in der Verwaltungshierarchie unten angesiedelt, allerdings trifft dies nicht auf ihre Bedeutung für den Sozialstaat zu – im Gegenteil: Da die Wohlfahrt dezidiert in den Aufgabenbereich der Kommunen fällt, verfügen ihre Wohlfahrtsbehörden in ihrer täglichen Arbeit über erhebliche Ermessensspielräume. Sie nehmen somit eine Schlüsselrolle für die Exklusion und Inklusion von Hilfesuchenden ein.
In dem Promotionsprojekt wird die noch kaum erforschte Rolle der Wohlfahrts- und Jugendbehörden Berlins untersucht. Das Projekt möchte damit einen wichtigen Teil zur Metropolengeschichte Berlins beisteuern. In ihm wird analysieren, wie sich die Fürsorge von der Gründung Groß-Berlins 1920 über die nationalsozialistische Herrschaft und die Nachkriegszeit bis zur endgültigen Teilung Berlins mit dem Mauerbau 1961 entwickelte. Wer waren die AkteurInnen? Über welche Handlungsspielräume verfügten sie? Wie nutzen sie diese in der Fürsorgepraxis?
Ein Beispiel für das Spektrum der Rollen Berliner Sozialbehörden: Sie verfolgten vor 1945 als „asozial“ stigmatisierte Personen – in der Nachkriegszeit sollten sie die schlimmste Not lindern, um neue (demokratische) Staatsstrukturen aufzubauen. Der hierfür gewählte überspannende Zeitraum ermöglicht es, Aussagen über die (Dis-)Kontinuitäten der Exklusion- und Inklusionsmodi zu treffen. Zudem eröffnet der Vergleich über unterschiedliche politische Rahmenbedingungen hinweg neue Erkenntnisräume für eine integrierte Herrschafts- und Gesellschaftsgeschichte.
Betreuer: Prof. Dr. Michael Wildt (HU Berlin)
Kontakt: oliver.gaida@gmx.de