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Neue Monografie von Dr. Matthias Winkler: Revolution und Exil. Französische Emigranten in der Habsburgermonarchie 1789–1815
Als nach dem Sturm auf die Bastille im Juli 1789 eine Fluchtbewegung aus Frankreich einsetzte, die innerhalb weniger Jahre auf rund 150.000 Personen anwuchs, rechneten jene Emigranten mit einem raschen Kollaps der Revolution und ihrer baldigen Rückkehr. Die politische Radikalisierung in Frankreich und die erfolglose militärische Bekämpfung der Revolution von außen zwangen sie stattdessen, sich auf ein längerfristiges Exil einzustellen. Viele dieser Gegner der Revolution gelangten in die Länder der Habsburgermonarchie, wo sie teils jahre- und jahrzehntelang Zuflucht fanden.
Dr. Matthias Winkler untersucht in seiner akteurszentrierten Studie, die als Dissertation unter Betreuung von Prof. Dr. Xenia von Tippelskirch und Prof. Dr. Peter Burschel am Institut für Geschichtswissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin entstanden ist, die komplexen Beziehungsgeflechte zwischen den Revolutionsemigranten und der sie aufnehmenden Gesellschaft. Auf breiter Quellenbasis durchmisst er die Handlungsfelder der Emigranten und schildert, wie diese sich unter oft prekären Bedingungen zu behaupten verstanden. Durch konsequente Perspektivwechsel hinterfragt er tradierte Klischees zur Revolutionsemigration und gelangt zu einer chronologisch, räumlich und sozial differenzierten Bewertung einer der ersten großen politischen Migrationsbewegungen der Neuzeit. Die Monographie ist in der Reihe Frühneuzeit-Forschungen (Bd. 26) im Wallstein Verlag erschienen.
Dr. Matthias Winkler ist seit 2021 als wissenschaftlicher Referent bei der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina und assoziierter Wissenschaftler am Lehrstuhl für Europäische Geschichte der Frühen Neuzeit der Humboldt-Universität zu Berlin.
Neuer Sammelband von Matthias Pohlig und Barbara Schlieben: „Grenzen des Sozialen. Kommunikation mit nicht-menschlichen Akteuren in der Vormoderne“
Prozesse gegen Tiere und Gegenstände, Gespräche mit Geistern und Wiedergängern, mit Hexen, Gott und dem Teufel: In der Vormoderne kommunizierten Menschen rege mit der nicht-menschlichen Welt. Sie machten ihre diversen Erscheinungen zu Adressaten und damit zu ihrem sozialen Gegenüber, zu Akteuren. Denn die Grenzen des Sozialen verliefen in dieser Zeit nicht eindeutig zwischen den Menschen und dem Rest, sondern waren deutlich komplexer und brüchiger.
Im interdisziplinären Dialog entfaltet dieser Sammelband diese vielfältigen kommunikativen Beziehungen. Dafür werden theoretische Überlegungen angestellt, die nach Wegen suchen, das Soziale jenseits des Menschen zu konzipieren und empirische Fallstudien präsentiert, die die Kommunikation mit nicht-menschlichen Akteuren in den Mittelpunkt rücken. Im Zentrum steht die Frage, worüber und vor allem wie unter jeweils welchen historisch spezifischen Bedingungen mit Nicht-Menschen kommuniziert wurde – und welchen historischen Veränderungen diese Kommunikation unterlag.
Erscheint als: Grenzen des Sozialen. Kommunikation mit nicht-menschlichen Akteuren in der Vormoderne, hg. v. Matthias Pohlig/Barbara Schlieben, Göttingen 2022.
Themenheft des Journal of Intelligence History "Case Studies in Early Modern European Intelligence" erschienen
Das gemeinsam von Tobias Graf (HU Berlin) und Charlotte Backerra (Universität Göttingen) herausgegebene Themenheft "Case Studies in Early Modern European Intelligence" des Journal of Intelligence History (2022, Bd. 21, Heft 3) versammelt drei Fallstudien zur Geschichte frühneuzeitlicher Informationsgewinnung, welche vorherrschende Annahmen über frühneuzeitliche Nachrichten- und Geheimdienste in Frage stellen und deren Aktivitäten in den breiteren Kontext von Regierungshandeln einordnen. Darüber hinaus thematisieren die Aufsätze die spezifischen Herausforderungen der Erforschung frühneuzeitlicher Informationsgewinnung und zeigen, wie verschiedene Quellenarten für ein besseres Verständnis der Organisation und Aktivitäten nachrichtendienstlicher Organisationen urbar gemacht werden können. Die drei Fallstudien von Ioanna Iordanou (über die venezianische Informationsgewinnung), Matthias Pohlig (über die Nutzung und den Nutzen von intelligence am Beispiel der englischen Informationsgewinnung während des Spanischen Erbfolgekrieges) und Tobias Graf (über die Informationsgewinnung der österreichisch-habsburgischen Diplomaten in Istanbul im späten 16. Jahrhundert) sind als Open Access zugänglich. Die Einleitung von Tobias Graf und Charlotte Backerra wirbt für eine Intensivierung des interepochalen Dialogs und zeigt das Potenzial der Frühneuzeitforschung für das Feld der intelligence history insgesamt auf.
Neuer Aufsatz von Matthias Pohlig: „Das Jüngste Gericht als eine moralische Anstalt betrachtet? Apokalyptische Perspektiven der Aufklärung“
Das Jüngste Gericht wurde in der Frühen Neuzeit konfessionsübergreifend mit größter Aufmerksamkeit bedacht und in allen verfügbaren Medien thematisiert – sei es in der Literatur, der geistlichen Musik, der bildenden Kunst oder auf der Theaterbühne. Der Band dokumentiert die Ergebnisse einer interdisziplinären Tagung, die das DFG-Graduiertenkolleg 2008 „Interkonfessionalität in der Frühen Neuzeit“ der Universität Hamburg gemeinsam mit der Reformationsgeschichtlichen Forschungsbibliothek Wittenberg veranstaltete, um die frühneuzeitliche Reflexion des Jüngsten Gerichts aus historisch-theologischer, literaturwissenschaftlicher, kunst- und musikhistorischer sowie geschichtswissenschaftlicher Perspektive zu beleuchten. Besonderes Augenmerk gilt dabei nicht nur den konfessionsspezifischen Ausprägungen im Umgang mit der Gerichtsthematik in ihren vielfältigen medialen Facetten, sondern auch der Frage, wie das Zusammenwirken verschiedener Medien die Auseinandersetzung mit dem iudicium extremum und seinem baldigen Kommen bestimmte.
Erscheint in: Das Jüngste Gericht in den Konfessionen und Medien der Frühen Neuzeit, hg. v. Johann Anselm Steiger/Ricarda Höffler, Göttingen 2023, 399-422.