Martin Blasius
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- Martin Blasius
- blasiusm (at) hu-berlin.de
Projektbeschreibung:
Fußball im Jugoslawischen Selbstverwaltungssozialismus
Das Projekt untersucht das historische Verhältnis zwischen Fußball als globalem Sport und modernem Massenphänomen und dem spezifischen Modell des Selbstverwaltungssozialismus in Jugoslawien als Idee und sozialer Ordnung, Handlungsrahmen und Lebenswelt im weltweiten Kontext am Beispiel der 1960er Jahre als dem Jahrzehnt des Übergangs Jugoslawiens zur modernen Industrie-, Medien- und Konsumgesellschaft, aber auch großer globaler Transformationen.
Grundfragen sind:
A), auf Grund der Konzentration der Forschung auf Verbindungen von Sport und Nationalismus und die Zerstörung Jugoslawiens zur Etablierung einer strukturellen Basis zunächst, durch welche Institutionen und Individuen Fußball als Zuschauer- und Massensport in den verschiedenen Teilen Jugoslawiens und auf unterschiedlichen Ebenen der Selbstverwaltung gedacht und organisiert wurde und welche Widersprüche sich zwischen Ideen von sozialistischer Bewegungskultur und Sport, Ideologie und Marktökonomie, Institutionen, Akteuren und dem Fußball selbst ergaben, auch angesichts der zentralen Rolle des Weltverbandes FIFA.
B), im Sinne einer multiperspektivischen Sozial- und Kulturgeschichte des jugoslawischen Sports, wie Fußball zwischen auf sozialistische Umgestaltung und Modernisierung von Gesellschaft und Mensch orientierten Rahmensetzungen, seinen Eigenschaften als sozial eingebettetem, aber autonomem kulturellem Element, als modernem, global verwaltetem Sport (mit dem Strukturprinzip verregelter Konkurrenz) und medialisiertem Massenphänomen sowie den individuellen Handlungsspielräumen von Menschen gestaltet, erlebt und gelebt wurde und welche Entwicklungstendenzen sich in den 1960er Jahren zeigten. Damit verbunden ist die hinsichtlich des Verhältnisses von Sport und Gesellschaft in der Moderne fundamentale Frage, ob Fußball Katalysator oder Objekt von Wandel und Modernisierung war, wie weit er selbst also auf die Gesellschaft wirkte.
C), im Sinne der Etablierung Südosteuropas als integralem Teil einer Geschichte des Weltfußballs, auch entgegen der noch häufigen Dichotomie von West- und randständigem Osteuropa vor allem auch, in wie weit der Fußball, seine regionalen Ausprägungen, seine Beziehungen zu anderen sozialen Sphären, seine Organisation, Repräsentationen und Alltagspraxen im jugoslawischen Sozialismus im Kontext des von der FIFA weltweit gesteuerten Fußballs spezifische, aber auch typische Entwicklungen nahmen, wie „jugoslawisch“ und „sozialistisch“ sie waren.
Thematische Schwerpunkte stellen folglich
- 1.) Ideen, Institutionen und Akteure des Fußball im Selbstverwaltungssystem,
- 2.) Spitzenfußball zwischen Markt und Sozialismus,
- 3.) Medien- und Zuschauersport, Fans und identifikatorischen Bedeutungen des Fußballs,
- 4.) die Nationalmannschaft und die Position Jugoslawiens im Weltfußball und
- 5.) Amateur-, Breiten-, Jugend- und Frauenfußball zwischen Reproduktion, sozialistischer Erziehung und Freizeit dar.
Die geographisch breit angelegte und regional vergleichende Analyse basiert auf verschiedensten Quellen, so Archivalien, Materialien aus Medien, Museen und (privaten) Sammlungen, Vereins- und Verbandsschriften, Biographien und populärer Literatur, Statistiken sowie Interviews.